Für alle Personen, die in dieser Krise für uns da sind.

24.03.2020, Brun­nen SZ

 

Wie man versuchen kann in ausserordentlichen Situationen sich selber zu stabilisieren.

 

Das Coro­na-Virus wütet seit einiger Zeit auch in der Schweiz. Speziell das Tessin wurde davon hart und frühzeit­ig getrof­fen. Da ich sel­ber liebe Fre­unde und meinen Vater, als Risiko-Patient, in dieser Region und in Nordi­tal­ien habe, kann ich die Sor­gen von den Men­schen bezüglich ihrer Lieb­sten gut nachvol­lziehen. Jedoch nützt es uns nicht viel, sich der Sorge und der Angst gän­zlich hinzugeben. Es ist gesund sie wahrzunehmen und ihr “Dasein“ zu akzep­tieren, aber wir soll­ten uns von ihr nicht läh­men lassen. Bess­er ist es, unsere Energie auf etwas Kon­struk­tives zu fokussieren. Diese Ver­hal­tensweise erlaubt uns gle­ichzeit­ig vorsichtig/umsichtig zu sein, und zugle­ich etwas dazu beizu­tra­gen, gemein­sam mit dieser Krise fer­tig zu wer­den.

 

Als ehe­ma­lige Meeres-Mikro­bi­olo­gin und Pro­dukt Man­agerin kann ich lei­der meinen Fre­un­den und Fam­i­lien-Ange­höri­gen keine grosse Stütze sein, um mit dieser aussergewöhn­lichen Sit­u­a­tion klarzukom­men, aber als sys­temis­ch­er Coach, der Sta­bil­i­sa­tion­stech­niken für trau­ma­tisierte Men­schen gel­ernt hat, vielle­icht ja. Aus diesem Grund habe ich mich entschlossen, mit euch einige ein­fache Übun­gen zu teilen, die euch helfen kön­nen, euch bei hefti­gen Emo­tio­nen zu sta­bil­isieren (alias euch etwas Ruhe brin­gen, wenn ihr Angst um euch oder um andere Men­schen habt).

 

In einem älteren Blog Beitrag hat­te ich euch bere­its von der Herz-Kohärenz Atmung berichtet:

 

Die Herz-Kohärenz Atmung und ihr Nutzen

 

Vor allem kann diese Atemübung allen unruhi­gen, sich sor­gen­den, angstvollen Men­schen, aber auch den­jeni­gen von uns, die der Bevölkerung täglich ger­ade helfen (Pflege, medi­zinis­ches Per­son­al, Mil­itär, Lehrer und alle Men­schen, die unseren nationalen Grund­ser­vice gewährleis­ten) dien­lich sein.

 

Es reicht, regelmäs­sig diese Übung 5 Minuten, 3 Mal am Tag zu machen, und zusät­zlich in Akut­si­t­u­a­tio­nen, damit wir unser phys­i­ol­o­gis­ches Gle­ichgewicht unter­stützen und unsere Gedanken etwas beruhi­gen. Eine Anleitung zur Übung find­et ihr im oben­ste­hen­den Link von meinem alten Blog, ganz zum Schluss sog­ar erk­lärt mit einem Video. Falls ihr den Atem­rhyth­mus alleine nicht hinkriegt, es kann am Anfang schw­er­fall­en, so gibt es einige Apps, die euch dabei unter­stützen kön­nen, in dem sie euch bei der Atmung begleit­en. Zum Beispiel, die Gratis-App «Respire­lax +», Ges­tion du stress.

 

Falls ihr eine Per­son bemerkt, die inner­lich (und äusser­lich) extrem unruhig wirkt, oder die mit grossen Emo­tio­nen zu kämpfen hat, ver­sucht zuerst sel­ber ruhig zu sein/werden und bietet erst dann der Per­son Hil­fe an. Dieses natür­lich, wenn eur­er Ansicht nach, keine Gefahr für euch und der Per­son in dieser Sit­u­a­tion dro­ht. Falls ihr euch nicht in der Lage fühlt, aus welchem Grunde auch immer, in dem Moment der Per­son zu helfen, sucht nach ein­er Per­son, die es kann (am besten jeman­den vom Fach, aber je nach Sit­u­a­tion zumin­d­est jemand der dazu im Stande ist). Wenn ihr sel­ber euch genü­gend fit fühlt zu helfen, ruhig und ihr selb­st seid und keine Gefahr beste­ht, dann kön­nt ihr sel­ber ver­suchen, der unruhi­gen, besorgten, oder angstvollen Per­son zu helfen. Ver­sucht zuerst bewusst Herz-kohärent zu atmen und empathisch Kon­takt zur Per­son aufzunehmen. Nach eini­gen Minuten wird die Per­son unbe­wusst anfan­gen eure Atmung nachzuah­men (pacen) und so, sich bere­its durch die Atmung etwas beruhi­gen. Ver­sucht der Per­son beizuste­hen und sie empathisch zu fra­gen, was sie ger­ade benötigt. Braucht sie eine Decke um sich zu wär­men, Wass­er zum Trinken, etwas zu essen oder was anderes. Ver­sucht der Per­son ein­fach “gute Bedin­gun­gen” zu ermöglichen, ein Umfeld/Kontext, wo sie sich sich­er fühlen kann. Men­schen wis­sen meist instink­tiv, was ihnen gut­tut. Die Per­son wird es euch sagen. Ver­sucht die empathis­che Verbindung aufrecht zu hal­ten zu dieser Per­son, bis sie auf euch wieder ruhig und präsent wirkt. Hört der Per­son, ohne über das Gesagte zu urteilen und ohne Ratschläge zu erteilen, zu. Das ist sehr wichtig. Das jemand unseren Sor­gen und Äng­sten urteils­frei zuhört und akzep­tieren kann, reicht häu­fig schon aus, um uns Ruhe und Zuver­sicht zu ver­mit­teln. Falls ihr euch aber beim Zuhören der Äng­ste des anderen plöt­zlich zu sehr emo­tion­al mitgenom­men fühlt, und ihr euch auch nicht mehr richtig auf das Gesagte fokussieren kön­nt, erin­nert euch bitte, mit der Herz-Kohärenz Atmung fortz­u­fahren, und euch auf das was ihr in eurem Kör­p­er fühlt, zu konzen­tri­eren. Atmung und Kör­p­er kön­nen helfen, eure Gedanken wieder in das hier und jet­zt zu brin­gen um so konzen­tri­ert dem anderen helfen zu kön­nen. Achtet wie eure Füsse mit dem Boden in Kon­takt sind. Achtet darauf, ob euer Gewicht mehr auf die eine oder die andere Seite gelagert ist. Achtet darauf, welche Kör­perteile etwas berühren und welche Muskelempfind­un­gen ger­ade bei euch vorhan­den sind. Dies hil­ft euch, euch sel­ber wieder im hier und jet­zt zu find­en.

 

Falls ihr zufäl­lig in der Nähe ein kleines Plüschti­er habt, oder son­st tut es auch ein Schal den man als Ball ver­knotet, kön­nt ihr zusät­zlich die Per­son mit ein­er kleinen Übung beruhi­gen. Fragt die Per­son zuerst, ob sie gerne etwas gegen ihre Unruhe/Sorge/Angst tun möchte. Falls sie mit Ja antwortet, schlagt ihr ein kleines “Spiel “vor, das ihre Gedanken etwas beruhi­gen kann. Ihr werdet euch nun abwech­sel­nd das Plüschti­er oder den Schal zuw­er­fen. Dies in einem Tem­po, das der Per­son angenehm ist. Ihr macht weit­er, bis die Per­son sich etwas beruhigt hat. Wenn ihr nicht sich­er seid, fragt sie nach ein­er Weile, wie es ihr jet­zt geht. Vergesst nicht während des Spiels, immer bewusst gemein­sam Herz-kohärent zu atmen.

 

Für diejeni­gen von euch, die mit “Tap­ping” ver­traut sind (but­ter­fly hug), und es regelmäs­sig prak­tizieren, kann dies eine weit­ere gute Meth­ode sein, um euch oder andere zu beruhi­gen. Es ist jedoch wichtig, dass die Per­son, die es der ängstlichen Men­schen lehrt, diese Tech­nik von jemand Pro­fes­sionelles gel­ernt hat. Dies ist wichtig, damit der Helfer in der Lage ist, mögliche aufk­om­mende starke Emo­tio­nen des Hil­fe-Suchen­den bei dieser Tech­nik hand­haben zu kön­nen.

 

Selb­stver­ständlich ist emp­fohlen, im Falle von Trau­ma­ta (definiert als nicht ver­ar­beit­ete Lern­er­fahrun­gen), oder bei chro­nis­chen oder mas­siv­en Angstzustän­den, eine pro­fes­sionelle Hil­fe aufzusuchen. Auss­er den Fachkräften in eur­er Region (Psy­chother­a­peuten z.B.) gibt es in der Schweiz auch Pro­gramme auf nationalem Niveau, die euch Unter­stützung bieten, z.B. Pro Mente Sana usw. Man kann, wenn man möchte, auch anderen Men­schen helfen, indem man zum Beispiel sich zum Men­tal first aider aus­bilden lässt (siehe ENSA Kurse in der Schweiz).

 

Zusam­men­fassend, wenn ihr sel­ber, oder eine Per­son in eur­er Umge­bung, starke Emo­tio­nen, Angst oder Sorge in der jet­zi­gen speziellen Zeit ver­spürt:

 

  1. Ver­sucht die Herz-Kohärenz Atmung regelmäs­sig zu prak­tizieren (jeden Tag 3X5 Min.) und während Akut­si­t­u­a­tio­nen.
  2. Wenn ihr jeman­dem helfen möchtet, der unter inner­liche Unruhe, Angst oder Sorge lei­det, so kön­nt ihr fol­gen­des tun:
    • Schätzt erst­mal die Lage ein. Seid ihr und die Per­son in ein­er sicheren Umge­bung, dro­hen euch oder der Per­son somit keine Gefahren, kön­nt ihr mit starken Emo­tio­nen ger­ade umge­hen, und seid ihr ruhig und zuver­sichtlich im Moment der Sit­u­a­tion. Falls nicht, sucht am besten pro­fes­sionelle Hil­fe, oder zumin­d­est eine Per­son, die euch unter­stützen kann und die schein­bar mit der Sit­u­a­tion und der zu helfend­en Per­son klarkom­men kann.
    • Wenn ihr in der Lage seid selb­st zu helfen, dann nehmt empathisch Kon­takt auf mit der Per­son, die ger­ade heftige Emo­tio­nen (Sorge, Unruhe, Angst) durch­macht. Fragt sie, was ger­ade ist, wie es ihr ger­ade geht. Hört zu.
    • Fragt sie, was sie ger­ade braucht. Möchte sie etwas trinken, braucht sie eine warme Decke, etwas zu essen oder etwas anderes. Ver­sucht, ihren Wün­schen nachzukom­men (ein Glass Wass­er, eine Decke, etwas zu essen zu besor­gen).
    • Denkt dran, immer Herz-kohärent zu atmen, wenn ihr zusam­men mit dieser Per­son seid. Das wird euch helfen, im hier und jet­zt zu bleiben und von Emo­tio­nen nicht über­man­nt zu wer­den und es wird die andere Per­son auf Dauer auch sta­bil­isieren, denn sie wird unbe­wusst euren Atem­rhyth­mus imi­tieren.
    • Hört der Per­son, ohne über das Gesagte zu urteilen und ohne Ratschläge zu erteilen, zu. Das ist sehr wichtig. Das jemand unseren Sor­gen und Äng­sten urteils­frei zuhört und akzep­tieren kann, reicht häu­fig schon aus, um uns Ruhe und Zuver­sicht zu ver­mit­teln. Ausser­dem, wenn ihr nicht urteilt und keine Ratschläge gebt (auss­er, die Per­son hat euch aktiv um Ratschläge gebeten), werdet ihr so das Risiko min­imieren, unbe­wusste Gegen­wehr-Reak­tio­nen auszulösen.
    • Wenn ihr bemerkt, dass ihr trotz Herz-Kohärenz Atmung emo­tion­al getrig­gert seid von der Per­son, oder wenn eure Aufmerk­samkeit nach­lässt, ver­sucht euch auf eure Kör­perempfind­un­gen zu konzen­tri­eren, damit ihr wieder mit den Gedanken im hier und jet­zt seid und damit ihr ruhig bleibt.
    • Wenn die angstvolle, unruhige Per­son ein­ver­standen ist, und sie hat sich bis dato noch nicht richtig beruhi­gen kön­nen, kön­nt ihr das Spiel mit dem Plüschti­er wer­fen vorschla­gen (oder man­gels Plüschtiers, geht auch ein Schal). Werft euch gegen­seit­ig das Plüschti­er (oder etwas Kleines und Weich­es) in einem angenehmen Tem­po zu, bis die Per­son sich beruhigt hat.
    • Falls ihr Tap­ping-Erfahrung habt und ihr diese Tech­nik von ein­er Fachkraft gel­ernt habt (but­ter­fly hug), dann kön­nt ihr auch diese Meth­ode anwen­den, um die Per­son zu beruhi­gen.
    • Wann immer möglich, ver­sucht Per­so­n­en mit sehr starken Emo­tio­nen (Unruhe, Angst, Sorge) zur Suche nach ein­er pro­fes­sionellen Hil­fe zu ermuntern. Ihr kön­nt gemein­sam nach Adressen von psy­chol­o­gis­ch­er Nothil­fe und Ther­a­peuten eur­er Region suchen.

 

In diesen schwieri­gen Zeit­en ist es wichtig, gut für sich und anderen Sorge zu tra­gen. Gemein­sam wer­den wir es schaf­fen…

 

Her­zliche Grüße

 

Cori­na

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