Resilienz bei der Arbeit: ein Interview mit einem Vertreter des Pharma-Sektors

01.03.2019, Brun­nen SZ

 

Her­zlichen Dank für das Inter­view Herr Dr. Luca Medri, Mar­ket­ing Head, Busi­ness Unit Bio­phar­ma and Hos­pi­tal, San­doz Ital­ien.

 

Welche Verän­derun­gen ste­hen der Phar­main­dus­trie bevor und was bedeuten diese Her­aus­forderun­gen für die Angestell­ten in diesem Sek­tor?

 

  • Die Wach­s­tums-Ver­langsamung des weltweit­en Phar­ma-Mark­tes
  • Die Patent-Fris­ten, welche die Mar­gen der Fir­men zusät­zlich schmälern und gle­ichzeit­ig einen Wet­tbe­werb­sanstieg zur Folge haben wer­den. Auf der anderen Seite wird der Wet­tbe­werb­sanstieg aber auch den Zugang zu gewis­sen Medika­menten erle­ichtern.
  • Leg­isla­tive Inter­ven­tio­nen, die eine Preisre­duk­tion der Medika­mente bei der Reg­istrierung und in späteren Phasen des Leben­szyk­lus der Medika­mente zum Ziel haben.
  • Die Kosten für die Forschung und die Entwick­lung der Medika­mente wer­den steigen. Dies auf­grund eines ver­längerten Entwick­lung­sprozess­es und wegen der hohen Mis­ser­fol­gsquote in der Medika­menten-Entwick­lungsphase.

 

Die Haupther­aus­forderung für die Angestell­ten im Phar­masek­tor stellt die Erhöhung der eige­nen strate­gis­chen Flex­i­bil­ität dar – ver­standen als Fähigkeit/Möglichkeit kurzfristig die strate­gis­chen Per­spek­tiv­en anzu­passen.

 

Wie wür­den Sie per­sön­lich das Konzept der Resilienz aus ganzheitlich­er Sicht definieren?

 

Ich definiere Resilienz als die Fähigkeit pos­i­tiv auf einen neg­a­tiv­en Umstand zu reagieren und sich entsprechend anzu­passen. Anders aus­ge­drückt: Eine Verän­derung auf kon­struk­tive Art anzuge­hen. Resiliente Men­schen sind in der Lage eine Schwierigkeit in ein­er Oppor­tu­nität zu ver­wan­deln; die Oppor­tu­nität, die sich in schwieri­gen Sit­u­a­tio­nen ergibt, ist die der Verän­derung. Resilienz ist ohne Zweifel eine der Zutat­en hin zur Glück­seligkeit. Ander­er­seits kön­nten wir nie die Per­sön­lichkeit­szüge an uns ent­deck­en, die uns solid­er machen, wenn wir nur unter pos­i­tiv­en Bedin­gun­gen leben wür­den.

 

Zurück zu den Her­aus­forderun­gen, die durch die Verän­derun­gen im phar­mazeutis­chen Sek­tor ger­ade stat­tfind­en. Welche per­sön­lichen Merk­male oder Resilienz-Qual­itäten kön­nten nüt­zlich sein, um diese Her­aus­forderun­gen zu meis­tern?

 

Ich glaube, dass die Phar­main­dus­trie die Her­aus­forderun­gen des stat­tfind­en­den Wan­dels meis­tern wird, in dem sie den Ideen Folge leis­ten wird, von den­jeni­gen Mit­gliedern der Organ­i­sa­tion, die in der Lage sind, ihre Resilienz durch Mut auszu­drück­en.

Den Mut zu haben, den “Sta­tus quo” her­auszu­fordern, in dem man neue, inno­v­a­tive Busi­ness Mod­elle vorschlägt, die von den bish­eri­gen benutzten Mustern abwe­ichen.

  1. Druck­er hat gesagt: “Wann immer Du ein erfol­gre­ich­es Geschäft siehst, hat jemand ein­mal eine mutige Entschei­dung getrof­fen.”

 

Die resilien­testen Men­schen, die mein­er Mei­n­ung nach am besten mit den Verän­derun­gen des Phar­masek­tors klarkom­men wer­den, zeich­nen sich aus durch:

 

  • Durch­set­zungsver­mö­gen und Opti­mis­mus;
  • Engage­ment — in anderen Worten die Ten­denz sich auf Tätigkeit­en einzu­lassen;
  • Überzeu­gung, die Ereignisse beherrschen zu kön­nen, ohne sich ohn­mächtig dabei zu fühlen.
  • Ver­an­la­gung zur Akzep­tanz der Verän­derun­gen und demzu­folge auch Verän­derun­gen als nicht prob­lema­tisch zu erleben.

 

Ist es Ihrer Mei­n­ung nach möglich eine Syn­ergie durch die Resilienz-Fähigkeit­en der einzel­nen Indi­viduen zu schaf­fen, um dadurch ein Team zu gener­ieren, das schwieri­gen Sit­u­a­tio­nen stand­hal­ten kann? Und wenn ja, unter welchen Voraus­set­zun­gen?

 

Ich halte es für möglich, aber unter der Voraus­set­zung, dass man in der Lage ist, genü­gend Kohä­sion zwis­chen allen Team-Mit­gliedern zu bilden. Dieses Ziel wird leichter zu erre­ichen sein, wenn alle Mit­glieder des Teams über Per­sön­lichkeitsmerk­male ver­fü­gen, wie ratio­nales Denken, Lead­er­ship-Fähigkeit, strate­gis­ches Denkver­mö­gen und ein gewiss­es Mass an Ziel­stre­bigkeit, um Pro­jek­te zu ver­wirk­lichen.

 

Haben Sie schon ein­mal in so einem Team gear­beit­et? Wenn ja, welche Adjek­tive kom­men Ihnen spon­tan in den Sinn, um dieses Team bzw. das Gefühl Teil eines solchen Teams zu sein, zu umschreiben?

 

Ja, ich hat­te bere­its die Gele­gen­heit in einem solchem Team zu arbeit­en.

Die ersten Adjek­tive, die mir in den Sinn kom­men, sind:

  • pos­i­tiv
  • zusam­men­hal­tend
  • schnell
  • effizient

Ich fühlte mich extrem wohl, weil jede schwierige Sit­u­a­tion ratio­nal analysiert wurde und dann miteinan­der geteilt und logisch-syn­er­gis­tisch ange­gan­gen wurde.

 

Aus Ihrer Erfahrung gesprochen: Wann und wie kann sich eine Team-Kul­tur bilden, die jeden Tag von allen Mit­gliedern authen­tisch gelebt wird?

 

Sie bildet sich durch exem­plar­isches Vor­leben, sprich Vor­bild­funk­tion, und in dem man die Fähigkeit zu kooperieren, die Kreativ­ität und den Altru­is­mus fördert.

Alle soll­ten von guten Bedin­gun­gen prof­i­tieren kön­nen, die sie in der Lage ver­set­zen, einen kon­struk­tiv­en Beitrag zu leis­ten, in dem man den Anforderun­gen des eige­nen Rol­len­pro­fils nachkommt aber sich auch mit anderen Kol­le­gen auseinan­der­set­zt.

Die Team-Führung muss autoritätsvoll und mer­i­tokratisch sein; Sie muss die Instru­mente liefern, die dazu notwendig sind, dass jedes Team-Mit­glied seine Rolle im Team versteht/verinnerlicht, aber auch klare gemein­same Ziele vorschla­gen und Pro­jek­te kreieren, die jedes Mit­glied als Teil eines gemein­samen Pro­jek­tes fühlen lässt.

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Viele Mitar­bei­t­ende befürcht­en, dass Resilienz von den Arbeit­ge­bern als Konzept miss­braucht wird, um die Pro­duk­tiv­ität des Einzel­nen zu steigern. Wie denken Sie generell darüber?

 

Ich denke, dass die Pro­duk­tiv­itätssteigerung, die man in ein­er resilien­ten Organ­i­sa­tion messen kann, ein Effekt der steti­gen Effizien­zverbesserung ist. Ich bin ausser­dem der Mei­n­ung, dass die Resilienz vor allem in Kor­re­la­tion mit einem gesteigerten Wohlbefind­en für alle Mitar­beit­er und generell für die gesamte Organ­i­sa­tion zu brin­gen ist.

 

Was wün­schen Sie sich für Ihre Mitar­bei­t­en­den oder was wür­den Sie Ihnen rat­en, falls sie sich in schwieri­gen Verän­derungssi­t­u­a­tio­nen befind­en wür­den?

 

Ich erin­nere sie vor allem daran sich zu bemühen ihre Fähigkeit strate­gis­che Entschei­dun­gen zu tre­f­fen, ohne sich von men­tal­en Mustern oder Vorurteilen kon­di­tion­ieren zu lassen, zu nutzen.

 

Wenn Sie an schwierige Verän­derun­gen in Ihrem Leben zurück­denken, was hat Ihnen geholfen sie zu über­ste­hen? Welche Ressourcen hat­ten Sie oder haben Sie gesucht?

 

Ich kon­nte schwierige Verän­derun­gen in meinem Leben dank mein­er Stärken und dank eines struk­turi­erten Prozess­es über­ste­hen. Diese bestanden aus zwei Phasen:

 

  1. Die erste ana­lytis­che Phase, in welch­er ich ver­suchte das Bewusst­sein zu entwick­eln, welchen kul­turellen Ruck­sack und welche Erfahrun­gen ich mit mir trage. Diese Phase trug dazu bei neue Ziele zu definieren.
  2. die zweite Phase war die Umset­zungsphase. Ich habe meine Energien zur Erre­ichung mein­er Ziele bewusst einge­set­zt; ich habe mich eben­so bewusst aus mein­er beque­men Kom­fort­zone her­aus­be­wegt, in dem ich neue Möglichkeit­en explo­ri­ert habe.

 

Wir sind am Ende dieses Gesprächs gelangt. Ich bedanke mich her­zlich bei Ihnen für Ihr Ent­ge­genkom­men und für Ihre Zeit. Möcht­en Sie noch ein finales Feed­back oder einen Kom­men­tar äussern?

 

Ich bedanke mich bei Ihnen für dieses Inter­view. Wir haben sehr inter­es­sante Argu­mente behan­delt und es ist für mich eine gute Gele­gen­heit gewe­sen über wichtige The­men zu reflek­tieren, um daraus ein höheres Bewusst­sein zu gewin­nen.

 

Die Inhalte dieses Inter­views wider­spiegeln auss­chliesslich die per­sön­liche Ansicht des Inter­viewten.

 

Über­set­zung Ital­ienisch-Deutsch durch Cori­na Wyler, finales Deutsch-Lek­torat durch Schreibate­lier Jacober (schreibatelier-jacober.ch), Simone Jacober.

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