Veränderungen erfordern Kraft, Mut, (Selbst) Fürsorge
Es ist Februar und es schneit. Die Menschen fangen an, sich nach Sonnenstrahlen und dem Frühling zu sehnen. Es wird nicht mehr allzu lange dauern und die ersten Schneeglöckchen werden spriessen.
Meine Omi, mütterlicherseits, mochte diese Blumen… und für mich stehen Schneeglöckchen symbolisch für ihr Leben und wie Menschen sich, trotz schwieriger Zeiten der Veränderung entfalten können und Freude schenken können.
Meine Omi war eine starke und verletzliche Frau zugleich. In Danzig geboren, musste sie während des 2. Weltkriegs mit ihrer Mutter und einem Kleinkind, meine Mutter, flüchten.
Sie hatten bereits Tickets für ein Schiff, die „Gustloff“, doch meine Urgross-Omi weigerte sich aus der Intuition heraus, dieses Schiff im Januar 1945 zu nehmen… das rettete den drei Generationen Frauen das erste Mal das Leben. Die „Gustloff“ sank und mehr als 9000 Menschen an Bord kamen ums Leben. Es war nicht das letzte Mal, dass sie dem Tod knapp entronnen sind, aber darum geht es hier nicht.
Zurück zu meiner Omi. Via Dänemark kam sie irgendwann mit ihrer kleinen Tochter in der Umgebung von Bremen an, wo sie, als gelernte Bernsteinschleiferin, später eine Arbeit bei der Radio- und Fernsehherstellung einer Firma annahm (Nordmende). Ihr Mann überlebte zwar den Krieg und die Gefangenschaft und eine zweite Tochter wurde geboren, meine Tante. Mein Opa ist aber leider sehr früh an einer Kriegsverletzung gestorben.
Wie hat diese Frau, meine Omi, es geschafft, nicht nur zu überleben, sondern 2 Töchter großzuziehen und ihr Leben bestmöglich zu leben?
Viele Resilienz-Aspekte haben hier eine Rolle gespielt… Zum Beispiel hat sie sich ein Netzwerk an guten Freunden aufgebaut in Verden an der Aller. Sie konnten immer gegenseitig auf sich zählen. Sie hat versucht, die Lage zu akzeptieren und nach vorne zu schauen: einer ihrer Lieblingssprüche ist am Ende des Blogs ersichtlich. Sie hat gut für sich und ihre Töchter gesorgt. Sie hat sich neuerfunden (von der Bernsteinschleiferin zur Fachkraft für Fernsehtechnik) und sie hat bei all‘ dem nicht vergessen, das Leben so gut wie es ging, zu geniessen. Sie war keine „Superfrau“ im Sinne von unverwüstlich, sie hatte auch ihre Ecken und Kanten und sie hat sich leider nie wieder erlaubt, eine dauerhafte Partnerschaft einzugehen, aber sie war auf ihre Weise sehr resilient. Sie hat mich als Enkelin gelehrt, was Geborgenheit, Mut zur Veränderung, Verletzlichkeit, Freundschaft, Kampfgeist bedeuten… sie hat mir intuitiv viele Resilienz-Aspekte mit auf den Weg gegeben, die auch in meinem Leben eine grosse Rolle spielen, oder die ich seit geraumer Zeit entdecke:
- Lernbereitschaft/Improvisationsvermögen
- Akzeptanz
- Optimismus
- Lösungsorientierung
- Gestaltungskraft
- Beziehungsgestaltung/Netzwerkpflege, im Form von tiefen Freundschaften
- Werte pflegen, die kongruent mit einem Selbst sind
- Selbstfürsorge (Ressourcen erkennen und erhalten)
Oft denke ich, dass viele Menschen sich wie Schneeglöckchen fühlen müssen…. Es ist nicht immer angenehm, weder damals für die Generationen in Extremsituationen, noch heute in anderer Form für die Generationen in einer VUKA Welt sich seinen Platz durch den Schnee zu bahnen, Veränderungen durchzustehen. Aber mit Sonnenstrahlen (liebe Menschen um sich herum), mit einem Ziel und Optimismus vor Augen (das Spriessen), mit dem Bewusstsein man muss den Schnee akzeptieren um heranzuwachsen, mit Mut zu sich zu schauen und manchmal die Wachstumsrichtung leicht zu adaptieren, wird man sich und anderen Menschen hoffentlich viel und lange Freude schenken können.
Welche Aspekte der Resilienz habt Ihr erlernt… und von wem?
In dem Sinne… mein Wunsch an Euch…gutes baldiges Frühlingserwachen…
Corina
Der Lieblingsspruch meiner Omi:
Ein bisschen mehr Friede und weniger Streit,
ein bisschen mehr Güte und weniger Neid,
ein bisschen mehr Wir und weniger Ich,
ein bisschen mehr Kraft, nicht so zimperlich.
Und viel mehr Blumen während des Lebens,
denn auf den Gräbern blühn sie vergebens.
Peter Rosegger (1843–1918)
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