Veränderungen erfordern Kraft, Mut, (Selbst) Fürsorge

03.02.2019, Brun­nen SZ

Es ist Feb­ru­ar und es schneit. Die Men­schen fan­gen an, sich nach Son­nen­strahlen und dem Früh­ling zu sehnen. Es wird nicht mehr allzu lange dauern und die ersten Schneeglöckchen wer­den spriessen.

Meine Omi, müt­ter­lich­er­seits, mochte diese Blu­men… und für mich ste­hen Schneeglöckchen sym­bol­isch für ihr Leben und wie Men­schen sich, trotz schwieriger Zeit­en der Verän­derung ent­fal­ten kön­nen und Freude schenken kön­nen.


Meine Omi war eine starke und ver­let­zliche Frau zugle­ich. In Danzig geboren, musste sie während des 2. Weltkriegs mit ihrer Mut­ter und einem Kleinkind, meine Mut­ter, flücht­en.


Sie hat­ten bere­its Tick­ets für ein Schiff, die „Gust­loff“, doch meine Urgross-Omi weigerte sich aus der Intu­ition her­aus, dieses Schiff im Jan­u­ar 1945 zu nehmen… das ret­tete den drei Gen­er­a­tio­nen Frauen das erste Mal das Leben. Die „Gust­loff“ sank und mehr als 9000 Men­schen an Bord kamen ums Leben. Es war nicht das let­zte Mal, dass sie dem Tod knapp entron­nen sind, aber darum geht es hier nicht.


Zurück zu mein­er Omi. Via Däne­mark kam sie irgend­wann mit ihrer kleinen Tochter in der Umge­bung von Bre­men an, wo sie, als gel­ernte Bern­stein­schleiferin, später eine Arbeit bei der Radio- und Fernse­hher­stel­lung ein­er Fir­ma annahm (Nord­mende). Ihr Mann über­lebte zwar den Krieg und die Gefan­gen­schaft und eine zweite Tochter wurde geboren, meine Tante. Mein Opa ist aber lei­der sehr früh an ein­er Kriegsver­let­zung gestor­ben.


Wie hat diese Frau, meine Omi, es geschafft, nicht nur zu über­leben, son­dern 2 Töchter großzuziehen und ihr Leben best­möglich zu leben?


Viele Resilienz-Aspek­te haben hier eine Rolle gespielt…  Zum Beispiel hat sie sich ein Net­zw­erk an guten Fre­un­den aufge­baut in Ver­den an der Aller. Sie kon­nten immer gegen­seit­ig auf sich zählen. Sie hat ver­sucht, die Lage zu akzep­tieren und nach vorne zu schauen: ein­er ihrer Lieblingssprüche ist am Ende des Blogs ersichtlich. Sie hat gut für sich und ihre Töchter gesorgt. Sie hat sich neuer­fun­den (von der Bern­stein­schleiferin zur Fachkraft für Fernse­htech­nik) und sie hat bei all‘ dem nicht vergessen, das Leben so gut wie es ging, zu geniessen. Sie war keine „Super­frau“ im Sinne von unver­wüstlich, sie hat­te auch ihre Eck­en und Kan­ten und sie hat sich lei­der nie wieder erlaubt, eine dauer­hafte Part­ner­schaft einzuge­hen, aber sie war auf ihre Weise sehr resilient. Sie hat mich als Enke­lin gelehrt, was Gebor­gen­heit, Mut zur Verän­derung, Ver­let­zlichkeit, Fre­und­schaft, Kampfgeist bedeuten… sie hat mir intu­itiv viele Resilienz-Aspek­te mit auf den Weg gegeben, die auch in meinem Leben eine grosse Rolle spie­len, oder die ich seit ger­aumer Zeit ent­decke:


  • Lernbereitschaft/Improvisationsvermögen
  • Akzep­tanz
  • Opti­mis­mus
  • Lösung­sori­en­tierung
  • Gestal­tungskraft
  • Beziehungsgestaltung/Netzwerkpflege, im Form von tiefen Fre­und­schaften
  • Werte pfle­gen, die kon­gru­ent mit einem Selb­st sind
  • Selb­st­für­sorge (Ressourcen erken­nen und erhal­ten)


Oft denke ich, dass viele Men­schen sich wie Schneeglöckchen fühlen müssen…. Es ist nicht immer angenehm, wed­er damals für die Gen­er­a­tio­nen in Extrem­si­t­u­a­tio­nen, noch heute in ander­er Form für die Gen­er­a­tio­nen in ein­er VUKA Welt sich seinen Platz durch den Schnee zu bah­nen, Verän­derun­gen durchzuste­hen. Aber mit Son­nen­strahlen (liebe Men­schen um sich herum), mit einem Ziel und Opti­mis­mus vor Augen (das Spriessen), mit dem Bewusst­sein man muss den Schnee akzep­tieren um her­anzuwach­sen, mit Mut zu sich zu schauen und manch­mal die Wach­s­tum­srich­tung leicht zu adap­tieren, wird man sich und anderen Men­schen hof­fentlich viel und lange Freude schenken kön­nen.


Welche Aspek­te der Resilienz habt Ihr erlernt… und von wem?


In dem Sinne… mein Wun­sch an Euch…gutes baldiges Früh­lingserwachen…


Cori­na




Der Lieblingsspruch mein­er Omi:


Ein biss­chen mehr Friede und weniger Stre­it,
ein biss­chen mehr Güte und weniger Neid,
ein biss­chen mehr Wir und weniger Ich,
ein biss­chen mehr Kraft, nicht so zim­per­lich.
Und viel mehr Blu­men während des Lebens,
denn auf den Gräbern blühn sie vergebens.

Peter Roseg­ger (1843–1918)

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